Die Corona-Lage ist weiter angespannt in Deutschland, aber auch der EU. Hoffnung machen die Impfstoffe, die zugelassen wurden bzw. kurz vor der Zulassung stehen. Der erste in der EU zugelassene Impfstoff war der mRNA Impfstoff von Biontech/Pfizer. Am 22. Dezember erhielt er die Zulassung. Die ersten Dosen wurden bereits am 26. Dezember ausgeliefert und am 27. Dezember wurde in der EU mit der Impfung begonnen.
Kritik an der Impfstratgie der Bundesregierung
Und schon kurz nach dem Jahreswechsel mischt sich der Bundestagswahlkampf in die Corona-Impfstoff-Debatte ein: Es wird Kritik laut an der Impfstrategie der Bundesregierung.
Allen voran kritisiert die SPD mit ihrem Generalsekretär Lars Klingbeil und Kanzlerkandidaten Olaf Scholz die Strategie. Die fordern besser noch eine “nationale Kraftanstrengung”. Man könnte meinen, die SPD ist nicht Teil der Bundesregierung und des “Corona Kabinetts”. Ist die alte Tante schon in der Opposition? Ich freue mich schon drauf, wenn die SPD mir das nächste mal erklären will, wie wichtig die europäische Idee und Gemeinschaft ist. Am besten noch im EU-Hoodie.
Was wird eigentlich kritisiert? Deutschland hat angeblich zu wenige Impfdosen und alles geht viel zu langsam. Jens Spahn und die Bundesregierung haben im Sommer 2020 deutlich gemacht hat, sich an der Beschaffung von Impfstoffen auf europäischer Ebene zu beteiligen. Damals war noch nicht klar welcher Impfstoff überhaupt wirksam sein wird und eine Zulassung erhalten wird. Daher hat man auf EU-Ebene die Bestellungen auf sechs potentielle Anbieter verteilt.
Klar hat die EU nicht optimal verhandelt. Das Ziel ist aber erreicht worden: Ein Überbietungswettbewerb der einzelnen Länder ist ausgeblieben. Geordert wurden knapp 2 Milliarden Impfdosen, mehr als notwendig. Angela Merkel und Jens Spahn haben im Sinne des europäischen Projektes gehandelt.
Die EU hat folgende Impfstoffe bei den Herstellern im Sommer 2020 bestellt:
- Biontech/Pfizer: 300 Millionen
- Moderna: 160 Millionen
- Johnson & Johnson: 400 Millionen
- Astrazeneca: 400 Millionen
- Curevac: 400 Millionen
- Sanofi: 300 Millionen
Grade das Beispiel Sanofi zeigt aber, dass die Bestellung und die Verteilung auf verschiedene Anbieter richtig war. Im Dezember hat Sanofi Rückschläge bei der Erprobung seines Impfstoffs bekannt gegeben und die Auslieferung für Ende 2021 Angekündigt. Neben Moderna sind die Impfstoffe von Johnson & Johnson und Astrazeneca die nächsten Kandidaten für eine Zulassung.
Hätte man mehr Impfstoffe bei Biontech/Pfizer bestellen müssen? Im Nachhinein muss man das mit einem klaren “Ja” beantworten. Doch im Sommer 2020 war nicht klar, ob Biontech erfolgreich und schnell verfügbar ist. Zudem ist der Impfstoff teuer (12€ pro Impfdose) und kompliziert (-70° Kühlung notwendig).
Nationale Kraftanstrengung
Aber muss es nicht trotzdem eine “nationale Kraftanstrengung” bei der Impfstoffbestellung? Nun, vor Weihnachten hat das Gesundheitsministerium unter Jens Spahn 30 Millionen zusätzliche Impfdosen bei Biontech/Pfizer geordert. Zusätzlich zum EU Kontingent.
Damit hat sich Deutschland folgende Impfstoffdosen gesichert:
- Biontech/Pfizer: 55,8 Millionen über die EU
- Biontech/Pfizer: 30 Millionen zusätzlich auf nationaler Ebene
- Moderna: 50,5 Millionen über die eU
- Gesamt: 136,3 Millionen
Aber es geht alles nicht schnell genug!
Bis Ende 2020 wurde 1,5 Millionen Impfdosen an Deutschland geliefert. Die Impfung findet in den Impfzentren der Bundesländer statt – ist also im Aufgabenbereich dieser. Bei dem ganzen Getöse könnte man meinen, dass es keinen Impfstoff mehr gibt.
Weit gefehlt: Bis Stand 04. Januar wurden gut 317.000 Impfungen verimpft. Also grade mal 20% der zur Verfügung stehenden Dosen. Das ist aber reichlich wenig, oder?
Und der Flaschenhals sind nicht Bestellungen, sondern die Lieferung. Biontech hat zum Ausbau der Kapazitäten im Juni 2020 ein 100 Millionen Euro EU-Darlehen erhalten. Die Hersteller müssen also auch noch die Produktionskapazitäten ausbauen, um schneller liefern zu können.
Wahlkampf voraus
Die SPD scheint schon im Wahlkampfmodus und tut so, als hätte sie mit den ganzen Entscheidungen nicht zu tun gehabt. Und die FDP ruft nach einem Untersuchungsausschuss. Hinterher alles besser zu wissen, ist eben recht einfach. Das kann man machen, ist aber der Sache nicht dienlich.
Denn das Problem sind offenbar nicht die Bestellungen, sondern die Lieferung. Bis Ende Januar erwartet Jens Spahn 4 Millionen weitere Impfdosen. Wenn die Bundesländer in dem Tempo weiter impfen wie bisher, reicht diese Menge locker für das ganze erste Quartal.
In dieser Woche wird die Zulassung des Moderna Impfstoffs erwartet, dann stehen Deutschland weitere Impfdosen zur Verfügung. Jens Spahn erwartet daher auch, dass bereits im zweiten Quartal der Impfstoff für die breite Bevölkerung zur Verfügung stehen wird. Vorausgesetzt, die Impfzentren arbeiten dann auch effizient. Da habe ich so meine Befürchtungen.